Juliane werding

Der ahornbaum

Juliane werding
Als ich klein war,
War die Luft noch viel gesünder,
Vor dem Fenster stand
Ein alter Ahornbaum.
In seinem kühlen Schatten
Spielten wir als Kinder,
In seinen Ästen konnt' man
Ganze Häuser baun.
Er trotzte Wind und Regen,
Schnee und Kälte
Machten ihm nichts aus.
Jedes Jahr im Frühling
Kamen neue Blätter,
Und dann machten wir
Ein großes Fest daraus.

Oh, Ahornbaum,
Ahornbaum, wie bist du schön,
Oh, Ahornbaum,
Ahornbaum, laßt ihn doch steh'n.

Ich wurde älter,
Und die Stadt ging aus den Fugen.
Mit jeder neuen Straße
Starb ein Stückchen Grün.
Bald trug mein Ahornbaum
Ein Kreuz aus weißer Kreide,
Und das war das Todesurteil
Auch für ihn.
Doch wir taten uns zusammen,
Wir malten Schilder,
Rettet diesen Baum!
Wir gingen auf die Straße,
Unterschriften sammeln.
Als wir siegten,
Der Triumphzug war ein Traum.

Oh, Ahornbaum,
Ahornbaum, wie bist du schön,
Oh, Ahornbaum,
Ahornbaum, laßt ihn doch steh'n.

Heut steht der alte Baum
Von Hochhäusern umgeben,
Eine Insel
Im Ozean aus Stein.
Man gießt und hegt und pflegt ihn,
Kostbar ist sein Leben,
Und am Abend strahlt er
Hell im Lichterschein.
Man sitzt in seinem Schatten,
Er ist beliebt als Treffpunkt
Weit und breit.
Im Reiseführer steht sein
Name mit drei Sternen,
Als ein Denkmal,
Eine Sehenswürdigkeit.

Oh, Ahornbaum,
Ahornbaum, wie bist du schön,
Oh, Ahornbaum,
Ahornbaum, laßt ihn doch steh'n.

Ahornbaum,
Ahornbaum, wie bist du schön,
Oh, Ahornbaum,
Ahornbaum, laßt ihn doch steh'n.

Ahornbaum,
Ahornbaum, wie bist du schön,
Oh, Ahornbaum,
Ahornbaum, laßt ihn doch steh'n.

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